Sitze im Bus
Ich saß nicht im Bus, sondern im Zug, als ich das Buch „Sitze im Bus“ von Claudia Vamvas las. Die Autorin arbeitet als Lektorin in einem Verlag, fährt fast täglich Bus und ist auf Twitter als @akkordeonistin sehr bekannt. Jetzt hat sie ein Buch mit ihren hundertvierzig schönsten Tweets herausgegeben: „Sitze im Bus“ ist kürzlich im Frohmann Verlag, Berlin, erschienen und kostet 19,90 €. #Servicetweet :-)
Ein Buch, in dem Tweets abgedruckt sind? Gab es schon, wird es nochmals geben. Und ist das nicht ein Anachronismus, zumindest ein Medienbruch? Sicherlich. Doch die Tweets von Claudia Vamvas sind mehr als nur einfache Tweets – sie sind hinreißend. Sie sind für die leisen Momente im (Twitter-)Leben, sie zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Glauben Sie nicht? Ich zeige Ihnen gleich, was ich meine. Doch zuvor können Sie sich selbst davon ein Bild machen, wie schwer mir die Auswahl meines persönlichen Lieblingstweets fiel:
Der versprochene Blick ins Buch:
41
Zwei alte Damen bieten sich gegenseitig
den letzten freien Sitz an. Schwer zu sagen,
ob aus Freundlichkeit oder Eitelkeit.
Gedankenwelten ploppen bei diesem Tweet in mir auf: Ich denke an das Jungsein und Altwerden. An ein freundliches Miteinander und wie sehr das manchmal abhandenkommt. Haben wir es immer nötig, eine Rolle zu spielen …? In meiner Vorstellung hat mindestens eine der Damen eine Dauerwelle. Doch, davon bin ich überzeugt. Gepflegt sind sie beide. Braucht eine der beiden einen Stock? Wenn, dann ist er schwarz und hat eine goldfarbene Verzierung.
Das alles spielt sich in meinem Kopf ab. Wie geht es Ihnen, läuft sich Ihr Kopfkino auch schon warm? Vielleicht möchten Sie lieber noch einen anderen Tweet lesen:
23
Und dann telefoniert eine Frau neben dir
dreimal hintereinander und erzählt diese
Geschichte jedes Mal anders.
Nur ein Buch kann, was ein Buch kann
Natürlich können Sie einfach der @akkordeonistin auf Twitter folgen – das empfehle ich Ihnen, falls Sie das nicht ohnehin schon tun. Doch, um noch einmal den Medienbruch aufzugreifen: Das Buch mit den Tweets lässt mir mehr Luft meinen Gedanken nachzuhängen, als das eine Timeline je tun könnte. Jeder Tweet hat darin eine eigene, schön gestaltete Seite und erhält damit die ihm gebührende Aufmerksamkeit.
Fazit: Wenn Sie Twitter mit seinen kleinen Geschichten mögen, lesen Sie dieses Buch. Lesen Sie es auch, wenn Sie nur kleine Geschichten mögen. Und wenn Sie Bücher auch wegen der freisetzenden Fantasie mögen, twittern Sie vielleicht nach der Lektüre dieses Buches – wer weiß das schon …
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