„Miss Gladys und ihr Astronaut“
Überaus heiter und etwas überdreht, manchmal hübsch konstruiert und fröhlich abgehoben, dabei einfühlsam und zum Nachdenken anregend – all das zeichnet „Miss Gladys und ihr Astronaut“ aus. Dieser Roman von David M. Barnett ist mein Buch des Monats. Erschienen ist es im Ullstein Verlag, das Taschenbuch kostet 15 €.
Worum geht es in „Miss Gladys und ihr Astronaut“?
Griesgram trifft sozial schwache Restfamilie – könnte man salopp sagen. Doch niemand wird als Griesgram geboren. Thomas Major war einmal ein kleiner, lebensfroher Junge, der sich für Naturwissenschaften interessiert und von seinem Vater zum achten Geburtstag einen Herzenswunsch erfüllt bekommt: Die beiden werden sich zusammen den neuen „Star Wars“ ansehen. Dass während des Kinofilms seine Griesgrämigkeit geboren wird, weiß der kleine Thomas noch nicht.
Die sozial schwache Restfamilie besteht aus Miss Gladys, sie „geht auf die einundsiebzig zu“, ihrem Sohn, ihrem zehnjährigen Enkel James und ihrer Enkelin Ellie. Nur: Bei Miss Gladys ploppt immer öfter ein Schild im Kopf auf: „Hier wohnten einst die geistigen Fähigkeiten der Gladys Ormerod, 1946–2015.“ Denn bei Miss Gladys schreitet die Demenz vor. Und: Ihr Sohn, Vater von James und Ellie, sitzt derzeit im Gefängnis. Es ist die 15-jährige Ellie, die die Restfamilie mehr recht als schlecht zusammenhält.
Ein für alle Mal: Das Lied heißt Space Oddity!
Der erwachsene Thomas Major ist aufgrund recht bizarrer Umstände Astronaut geworden. Er wird als erster Mensch zum Mars fliegen. Ein vielleichtwahrscheinlich Himmelfahrtskommando, das ihm gerade recht kommt. Wie gesagt, Griesgram.* Der neue Star unter den Astronauten ist nun unter dem Namen Major Tom bekannt – und nein, das Lied von David Bowie heißt NICHT Major Tom, es heißt „Space Oddity“.
Als Thomas Major auf seinem Weg zum Mars noch einmal mit seiner Ex-Frau sprechen möchte, bekommt er zufällig Miss Gladys an die Strippe. Natürlich glaubt ihr kein Mensch, dass sie mit Major Tom telefoniert hat … In diesem Moment treffen sich die beiden Enden der Geschichte. Zuvor und danach werden die jeweiligen Vorgeschichten in kleinen Rückblicken erzählt. So geschickt, dass die Leser*innen einfach an der Geschichte dranbleiben.
Ein Blick in „Miss Gladys und ihr Astronaut“
Hier ist ein kurzer (Rück-)Blick ins Buch, als Thomas‘ Welt noch nicht ganz griesgrämig war und er mit seinem kleinen Bruder die wirklich wichtigen Dinge des Lebens diskutiert (S. 138/139):
Peter verzieht das Gesicht. ‚Warum hat mein Furz nicht gebrannt, Thomas? Komm, sag, du bist doch der Naturwissenschaftler.‘
Thomas legt den Kopf auf die Seite und überlegt. ‚Normalerweise ist Schwefelwasserstoff schon brennbar – das ist das, was für den Gestank verantwortlich ist, und nebenbei bemerkt, deine Fürze stinken ganz gewaltig.‘ […] ‚Glaubst du, man könnte einen Furz in einem Raumschiff anzünden?‘
‚Wer weiß?, sagt Thomas. ‚Jetzt komm. Ich will mich gleich noch mit Laura treffen.‘
Tja, da war die Welt von Thomas Major zumindest in Ansätzen noch in Ordnung …
Fazit: Mit „Miss Gladys und ihr Astronaut“ hat David M. Barnett eine wunderbare Geschichte geschaffen. Eine Geschichte, die mich gleichermaßen zum Lachen und Nachdenken brachte. Lesen Sie es bald.
*Das genaue Gegenteil des von mir sehr geschätzten Alexander Gerst, falls ich das noch nicht erwähnt haben sollte. :-)
Schöner Tipp! Und der Space Oddity-Hinweis kann auch nicht oft genug kommen…
Das stimmt, das Buch spielt natürlich auch damit.