Der einarmige Judo-Champion von Dominik Imseng
Ein wirklich schönes Buch auf allen Ebenen: mit inspirierenden Texten, locker-flockig gesetzt und gestaltet und mit orangefarbenen Wort-Girlanden verziert. Gern stelle ich Ihnen das Buch „Der einarmige Judo-Champion“ von Dominik Imseng vor. Es ist im verlag herman schmidt erschienen, hat 216 Seiten und kostet 25 Euro.
Worum geht es im „einarmigen Judo-Champion“?
Das sagt uns der Untertitel: „Wie Sie aus einem Nachteil einen Vorteil machen“ – so klar und etwas marketingdröge. Doch der Titel heißt in voller Länge: „Der einarmige Judo-Champion und 49 weitere Superkräfte“. Geht doch und es geht also um Superkräfte. Aha, Superkräfte …
Es geht um jene Superkräfte, die etwas um die Ecke daherkommen. Ideen, auf die man kommen kann, wenn man genauer hinsieht und ein wenig über die Situation nachdenkt. So wie Wickie das immer getan hat. Erinnern Sie sich an Wickie und die starken Männer? Ich hatte Wickie völlig vergessen, bis mir dieser kleine Junge im Vorwort des „Judo-Champions“ wieder begegnet ist (Seite 10):
Wickie lehrte mich, dass man nicht Muskeln und Mut braucht, um Heldentaten zu vollbringen. Man kann auch einfach nachdenken, sich dabei die Nase reiben und auf einmal begeistert ‚Ich hab’s!‘ rufen. […] Seit jenen Tagen vor dem Fernseher bin ich fasziniert von ‚Kreativhelden‘, wie ich sie nenne – Menschen, die über Herausforderungen triumphieren, weil sie eine schlaue Idee hatten.
Bevor ich Ihnen eine solche Geschichte skizziere, möchte ich die einzige Kritik an diesem Buch äußern. Schade finde ich es, dass der Autor von vielen Kreativhelden und von wenigen Kreativheldinnen erzählt.
Kreative Superkraft Nr. 50: kaputtes Klavier
Es war schwierig, ein Beispiel auszuwählen. Bewegt haben mich alle, selbst die Geschichte des Boxenstopps, und ich bin wahrlich kein Fan des Motorsports. Doch dieses Beispiel regt darüber an, nachzudenken, worum es bei einer Aufgabe wirklich geht.
Ich stelle Ihnen die kreative Superkraft Nr. 50 vor, weil auch ich diese Platte von oben nach unten gehört habe. „Das Wunder von Köln“ erzählt von Keith Jarretts legendärem Auftritt in der Domstadt. Jarrett fuhr die Strecke von Lausanne nach Köln mit seinem R4, wahrlich keine luxuriöse Anreise. Statt des Flügels, auf dem er spielen wollte, stand ein Klavier im Saal, bei dem einige Tasten und die Pedale klemmten. Zudem war es verstimmt.
Das Klavier konnte einigermaßen gerichtet werden, Jarrett wollte dennoch wegen seiner Rückenschmerzen das Konzert absagen. Zum Glück hat er es nicht getan, obwohl er und die Tontechniker, die das Konzert aufnahmen, überzeugt waren, dass das nur schiefgehen könne. Weil die oberen und hohen Töne schlecht klangen, begann Jarrett Klangmuster zu wiederholen. Weil das Instrument zu leise war, drückte er die Tasten besonders hart. Herauskam ein bis heute beeindruckendes Juwel der Musikgeschichte (Seite 211):
Alles Schöne, Große und Wichtige beginnt als etwas Unansehnliches, Kleines und Unbedeutendes. Sie müssen nur daran glauben, dass daraus etwas Schönes, Großes und Wichtiges entstehen kann.
Sie müssen sich nur an ein kaputtes Klavier setzen.
Fazit: Wer etwas hinter Geschichten und Ideen schauen, wer über sich nachdenken möchte, sollte sich einfach Zeit nehmen, dieses Buch lesen und die Gedanken schweifen lassen.
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