„Das große Los“ von Meike Winnemuth
mit dem Untertitel „Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr“ ist das Buch, das ich im Juni in die Blogparade von Eva Maria Nielsen werfen möchte. Ich habe es letztes Jahr gelesen, kurz darüber gebloggt, im Juli wird es bei btb als Taschenbuch erscheinen. Selten lese ich ein Buch zweimal. Dieses ziehe ich immer wieder aus dem Regal. Warum? Der „Was wäre, wenn“-Gedanke gefällt mir – was wäre, wenn ich eine halbe Million Euro hätte, was würde ich tun? Es rattert direkt in mir los. Für die Autorin und Journalistin Meike Winnemuth ist das ganz klar: „Nicht lang schnacken, Koffer packen.“
Taschenspielertrick von Meike Winnemuth
Gesagt, getan, mit der halben Million als Ruhekissen legt sie ihre Reiseroute fest: „12 Monate, 12 Städte“. Reiseberichte können spannend sein, müssen es aber nicht. Winnemuth wendet einen kleinen Taschenspielertrick an: Das Buch besteht aus zwölf Briefen an zwölf verschiedene Menschen. Sie adressiert ihre Gedanken in der jeweiligen Stadt immer an eine bestimmte Person, erzählt diesem Menschen von ihren Erlebnissen und nimmt sich dadurch zurück. Automatisch verschiebt sie die Erzählperspektive – das ist für die Lektüre des Buches äußerst gewinnbringend.
Gerne begleite ich Winnemuth an ihre Sehnsuchtsorte: Sidney, Buenos Aires, Mumbai … Honolulu, San Francisco … Havanna. Winnemuth spickt ihren Bericht mit Fotos und beendet jeden Ort mit dem Nachklapp: „10 Dinge, die ich in xxx gelernt habe“. Nicht leicht, eine spezielle Erkenntnis herauszupicken. Ich habe mich schweren Herzens gegen die Ananas in Hawaii entschieden und nehme dafür das vierte Lernen in Barcelona. Ein Satz, der Männer, Jeans und Jobs in einem Atemzug nennt:
„Mit nichts kann man so unfroh seine Zeit verschwenden wie mit der Suche nach dem Allerbesten, das eine Stadt zu bieten hat. Schnell was finden, was man mag und dann losleben. Das gilt möglicherweise auch für Männer, für Jobs, für die perfekten Jeans, für …“
Während ich den Satz abtippe, merke ich, dass mir das zehnte Lernen in Barcelona vielleicht doch besser gefällt:
„Seltsam, dass man aus der Ferne oft besser sieht, was man hat, als aus der Nähe. Alles rückt in die richtige Perspektive. Ich bin so dankbar für meine Freunde.“
Kann aber auch sein, dass mich übermorgen ein ganz anderer Satz anspringt …
Der Gewinn von „Das große Los“?
Okay, höre ich meine Leser und Leserinnen sagen, jemand ist in der privilegierten Lage, sorgenfrei und lange reisen zu können – so what? Wie gesagt, das „Was wäre, wenn“-Rädchen läuft ständig mit, das macht einen Reiz des Buches aus. Winnemuth erzählt unterhaltsam, der nächste Reiz. Sie kommt ehrlich rüber. Trotz halber Million und erfülltem Traum ist nicht alles heipupeih, der nächste Reiz.
Spannend ist auch der Moment des Ankommens. Wie fühlt sich das an? Passt die Wohnung noch, die alten Gewohnheiten, die Schuhe? Oder holt sie sich Blasen, „scheuert sie sich am alten Leben wund“?
Vor einem Jahr habe ich das Buch in Etappen gelesen. Kann man gut bei diesen zwölf Kapiteln. Zwischendurch merkte ich, wie es in mir arbeitet: „Was wäre, wenn“? Das Rattern setzte ein, und mitten in dieses Rattern klammerte sich der allerletzte Satz des Buches an mir fest: „Das viele Geld hätte sie dazu gar nicht gebraucht.“ Paff. Meine Übersetzung: Überlege dir, was du möchtest und tu es einfach.
Mir war letztes Jahr klar, dass ich den Koffer nicht packen würde, ich würde andere Dinge tun. Und heute? Noch immer möchte ich kein Jahr lang unterwegs sein, noch immer habe ich keine halbe Million. Aber ich habe ja gelesen: Die bräuchte ich vielleicht nicht, wenn ich das tun möchte, was ich tun will. Aha. Nicht nur, aber auch deshalb habe ich andere Dinge getan. Einfach so. Während ich diesen Beitrag schreibe, rattert es in mir: Was möchte ich noch gerne tun? Einfach so, in und mit meinem Leben – dieses Rattern ist der wahre Gewinn der Lektüre.
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