Doppelpunkt – und dann?
Ich stutzte, als ich dieses Wahlplakat sah.
Natürlich ist menschlich schön und gut, jedoch muss es kleingeschrieben werden.
Ein Blick in den Duden 9, dem „Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“, belegt mein Unbehagen. Weil ich solche Fälle immer wieder sehe, habe ich für Sie die wichtigsten Regeln zur Groß- und Kleinschreibung nach einem Doppelpunkt zusammengefasst.
1. Direkte Rede und Titel
Am einfachsten ist es bei der direkten Rede, die mit einem Doppelpunkt angekündigt wird. Nach dem Anführungszeichen wird immer mit einem großen Anfangsbuchstaben begonnen, Beispiel:
Sie sagte zu ihrem Kunden: „Das übernehme ich gerne für Sie.“
Ebenso einfach ist es, wenn dem Doppelpunkt ein Titel folgt. Hier wird die ursprüngliche Schreibweise übernommen, Beispiel:
Sie las das Buch: Der Social Media Manager.
2. Doppelpunkt bei Aufzählungen
Anders ist es, wenn nach dem Doppelpunkt eine Aufzählung folgt. Hier wird nach Wortart unterschieden und entsprechend groß- oder kleingeschrieben. Demnach müsste auf dem Plakat klein begonnen werden, weil menschlich ein Adjektiv ist und kleingeschrieben wird:
Hannovers Weg ist klar: menschlich, verlässlich und voller Zuversicht.
Die Großschreibung ist bei Aufzählungen korrekt, wenn Substantive verwendet werden. Zur Veranschaulichung habe ich den Wortlaut des Plakats verändert:
In Hannover regieren: Menschen, Verlässlichkeit und Zuversicht.
3. Selbstständige Sätze
Der Doppelpunkt kann auch vor einem Satz stehen. Hier gilt: Folgt dem Doppelpunkt ein selbstständiger (nicht notwendigerweise vollständiger) Satz, wird das erste Wort dieses Satzes großgeschrieben, Beispiel:
Ihr Motto lautet: Sie möchte ihre Kunden begeistern.
Leider weicht mein geschätztes „Handbuch Zeichensetzung“ mit seinem Punkt 193 diese Regel auf. Dort heißt es: Fasst man den nach dem Doppelpunkt folgenden Satz „als Zusammenfassung des vorher Gesagten oder als Schlussfolgerung“ auf, kann auch kleingeschrieben werden, Beispiel:
Das Haus, die Wirtschaftsgebäude, die Scheune und die Stallungen: alles war den Flammen zum Opfer gefallen.
Auch wenn ich diese Interpretationsfreiheit bedauerlich finde, möchte ich sie Ihnen nicht vorenthalten.
Vielleicht fragen Sie sich, was ein „selbstständiger (nicht notwendigerweise vollständiger) Satz“ ist. Ein Satz besteht nicht zwingend aus mindestens einem Subjekt und einem Verb. Ein Ausruf kann auch ein selbstständiger Satz sein, Beispiel:
Sie rief: Keine Panik!
Auch in diesem Fall dürfen Sie interpretieren. Sehen Sie „Keine Panik!“ als selbstständigen Satz an, können Sie „Keine“ großschreiben. Sie ahnen sicherlich, was ich von dieser Interpretation halte …
4. Satzteile und Wörter
Keine Interpretation ist bei Satzteilen oder einzelnen Wörtern möglich. Hier wird je nach der Wortart, die am Anfang steht, groß- oder kleingeschrieben, Beispiele:
Ihr Motto lautet: begeisterte Kunden.
Ihr Motto lautet: Begeisterung.
Mit diesen wichtigsten Regeln setzen Sie die Doppelpunkte richtig und sicher – hätten Sie gedacht, dass ein Wahlplakat so inspirierend sein kann? Ich nicht.
Liebe Andrea,
danke für diese hilfreiche Aufklärung! Und siehe da: Ich glaube, ich habe es bisher fast immer richtig gemacht. Manchmal korrigiert einem aber auch eín Kunde was Falsches hinein. Jetzt weiß ich, wo ich nachlesen kann :-)
Viele Grüße von Gabi
Sehr gerne, liebe Gabi. Ich mag es, mich intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. So verankert es sich fest in meinem Hirn, der Doppelpunkt ist nun abgehakt. :-) Lieben Gruß ins Rheinland – Andrea
Ist denn das korrekt geschrieben:
Start: 14.00 Uhr Shot Gun
Zulassung: spielberechtigt sind Mitglieder.
Imbiss: Direkt im Anschluss nach dem Turnier
Turnierleitung: obliegt dem Club
Also entweder alles Gross, oder sonst muss mindestens das ‚Direkt‘ klein geschrieben werden?
danke und gruss
Hier gibt es keine strengen Regeln, es sollte einheitlich sein. Ich würde alles klein schreiben, weil kein Substantiv dabei ist: spielberechtigt, direkt, obliegt.
Vielen lieben Dank Schreiberine!
Guten Tag, könnten Sie mir bitte bei folgendem Satz helfen:
„Ferner entwickelt man dadurch seine Resilienzfähigkeit: nicht die Situation selbst schadet uns, sondern Bewertung, die wir dieser vermeintlich negativen Existenzerfahrung zuweisen.“
Hallo,
ganz formal: Nach dem Doppelpunkt folgt ein ganzer Satz, also schreibt sich das „Nicht“ groß. Inhaltlich fehlt mir der Kontext, um diesen Auszug beurteilen zu können.
Gruß – Andrea Görsch