Gendern oder Nichtgendern?
Das Gendern, der geschlechtergerechte Umgang mit Sprache, ist ein heißes Thema. Die Argumente dagegen lauten: Ein Text würde dadurch umständlich, leseunfreundlich, so viel „Gedöns“ sei unnötig. Und: Wisse nicht jede Frau, dass auch sie mit „Lieber Kunde“ gemeint sei?
Springen Sie kurz mit mir an das Ende der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Ach was, des letzten Jahrtausends. Zweieinhalb Jahre Sparkasse liegen hinter mir, ich habe viel gelernt, die Abschlussprüfung bestanden und bin, juhu, „Bankkaufmann“! Bitte? Schauen Sie selbst:
Da hätten sie halt eine Werbelektorin auf die Vorlage schauen lassen sollen! Die hätte daraus zumindest „BANKKAUFFRAU/BANKKAUFMANN“ gemacht, wenn sie nicht zwei Varianten vorgeschlagen hätte. Eine für den Bankkaufmann, eine für die Bankkauffrau (so wird das, meine ich, inzwischen gemacht). Wahrscheinlich wäre die Werbelektorin in die Mühlen der Bürokratie geraten und mit den Argumenten abgespeist worden, dass man das schon immer so mache und dass der offizielle Titel nun einmal so laute.
Unsere Werbelektorin hätte darauf hingewiesen, dass natürlich die letzte Entscheidung beim Kunden liege. Sie könne sich jedoch vorstellen, dass man mit einem solchen Dokument die Hälfte des Nachwuchses – die Frauen nämlich – verärgere und diese deswegen die Bank verlassen würden. Das sei doch sicherlich nicht im Sinne des Kunden, oder? Schließlich brauche der Kunde nicht nur Männer hinter den Bankschaltern, sondern auch Frauen.
Dieses Argument hätte dem Kreditinstitut eingeleuchtet. Die wirtschaftliche Schlagkraft war in Gefahr! Nach längerem Nachdenken hätten sich mutige Banker mit der Genderlanze bewaffnet, kühn den Kampf gegen die bürokratischen Windmühlen aufgenommen und schließlich, Jahre später, gewonnen.
Alle wären zufrieden, es gäbe Bankkauffrauen und Bankkaufmänner und ich säße noch immer hinter dem Schalter – zum Glück wurde damals keine Werbelektorin engagiert!
Im Ernst: Auch wenn es längst Bankkauffrauen heißt, bleibt sprachlich immer noch viel zu tun. Und aus wirtschaftlicher Sicht wird immer noch allzu oft eine kaufkräftige Zielgruppe ignoriert – das ist schade. Wenn Sie mir Ihre Texte anvertrauen, biete ich Ihnen lesefreundliche Varianten an, mit denen alle Zielgruppen angesprochen werden.
Ich las vor vielen Jahren im Hamburger Abendblatt einen Artikel über eine Frau, die dagegen anging, dass das Amt, in dem sie arbeitete, sie als … (tadaaaaa!) „Amtsmännin“ titulierte. Sie argumentierte, sie sei schließlich eine Frau und keine Männin, aber das war damals wohl noch nicht überzeugend genug.
Unglaublich. Oder um es mit Tocotronic zu sagen: Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit …
Mal abgesehen davon, wer sich von Texten angesprochen fühlt: Eine männliche Bezeichnung für ein weibliches Wesen ist schlichtweg grammatikalisch falsch, denn das Deutsche ist eine Genussprache. Wer gutes Deutsch schreiben und sprechen möchte, muss einfach auf die richtige Wortwahl achten. Also wenn eine Frau sich selbst als „Journalist“ bezeichnet, ist das einfach schlechtes Deutsch!
Sehe ich auch so. Zudem, das ist eine andere Ebene, schafft Sprache Bewusstsein.
Also auf http://www.gendern.de finde ich als gegenderten Kaufmann „beruflich Handel betreibende Person, Kaufmensch oder Handelnde“. Das wäre doch auch was ;-)
Wie angedeutet, ich mag die pragmatischen Lösungen: Kauffrau. :-)