Und was ist Ihre Phobie?
Meine ist die, dass mir der Lesestoff ausgeht. Besonders dann, wenn der Dealer des Vertrauens für einige Zeit schließen wird. Lächerlich im Zeitalter des E-Books, ich weiß. Lächerlich auch, wenn man wie ich Bücherstapel züchtet. Sehr erfolgreich züchtet.
Dennoch schlug ich am Freitagnachmittag vor dem ersten Mai kurz vor fünf noch schnell zu. Der Lesestoff könnte ja knapp werden. Etwas wahllos, zugegeben, griff ich in der Stadtbibliothek ins Regal.

Der Lesestoff könnte knapp werden … (Foto: Andrea Görsch)
Erleichtert stellte ich auf Instagram fest, dass ich mit dieser (bislang noch namenlosen?) Phobie nicht allein bin. Danke, liebe Carola, für die kleine Plauderei am Rande und das Akronym FOMB = Fear of Missing Books. Klingt viel besser als bekloppt. :-)
„Hier bin ich Ente, hier darf ich‘s sein“
„Hier bin ich Ente, hier darf ich’s sein“ hatte ich eigentlich für den Sohn mitgebracht. Die Woche war voll und anstrengend. Zeit, sich am Freitagabend dem komischen Eskapismus hinzugeben – ich schnappte mir dieses Buch zuerst. Ohne Erwartungen begann ich diesen Comic und habe mich köstlich amüsiert: Goethe und Schiller auf entisch. Eine Empfehlung für alle, die Comics und Literatur mögen.
Mehr habe ich mir von „Im nächsten Leben wird alles besser“ erwartet. Die Krimireihe über die „Bullenbrüder“ von Hans Rath und Edgar Rai fand ich wirklich witzig. Dieses Buch hingegen habe ich nach fünfzig Seiten abgebrochen. Zu langatmig, zu wenig Schwung in der Story.
Ja, ich lese Bücher nicht zuende, wenn sie mir nicht gefallen. Doch immer wieder überlege ich: Darf man Bücher abbrechen, was macht man mit Büchern, die nicht gefallen? Ich schreibe demnächst einmal darüber, versprochen.
Zur falschen Zeit: Doch nicht gelesen habe ich „Das Ding. Der Tag, an dem ich Donald Trump bestahl“ von Jürgen Neffe. Noch immer freue ich mich, wenn ich in den Nachrichten „US-Präsident Joe Biden“ höre. Ich bin so froh, dass die „Nummer 45“ (Paul Auster) nichts mehr zu sagen hat. Ich mochte schlicht diesen Namen nicht lesen.
„The Hill We Climb“ von Armanda Gorman
Am ruhigen Sonntagmorgen, die Familie schlief noch, las ich das derzeit wohl berühmteste Gedicht. Auch ich rieb mir am 20. Januar 2021 die Augen, als ich Armanda Gorman bei Joe Biddens Vereidigung sah. Wer ist diese kluge, junge Frau, diese kraftvolle, strahlende Erscheinung?
Beglückend und diesen historischen Augenblick zurückholend war es, ihr Gedicht zu lesen. Schön ist, dass in dem Büchlein das englische Original ebenfalls abgedruckt ist, bereichernd sind die Anmerkungen der drei Übersetzerinnen Uda Strätling, Hadija Haruna-Oelker, Kübra Gümüsay.
„Der große Sommer“ von Ewald Arenz
Ewald Arenz‘ Roman „Alte Sorten“ las ich mit meinem Literaturkreis. Allein hätte ich es nicht gelesen, zu gehypt. Ich nahm alles zurück, ein wunderbar sensibles Buch. Deshalb griff ich an jenem Freitagnachmittag nach seinem neuen Buch „Der große Sommer“.
Das Titelbild ist fantastisch, oder? Wie ist das Innenleben? Definitiv lesenswert. Der jugendliche Frieder erlebt einen wahrlich großen Sommer, der vieles für ihn bereithält: die erste Liebe, das Verstehen der eigenen Familie, die jugendliche Leichtigkeit versus das Erwachsenwerden … All das in der Zeit der Telefonzellen. Ich mochte dieses Buch sehr gern, auch wenn es anfangs einige Längen hat.
Stadtbibliotheken sind eine wunderbare Sache, „meine Nordstadtbücherei“ hat mir in meiner Kindheit viel gegeben. Gern würde ich etwas zurückgeben und mich den „Freunden der Stadtbibliothek Hannover e. V.“ anschließen – das mache ich, sobald sich etwas beim Namen tut und Frauen nicht mehr nur mitgemeint sind.
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