„Die Unvollkommenheit der Liebe“
Letztes Jahr hatte ich das große Glück, einen Literaturkreis zu finden. Schon länger suchte ich wieder Frauen, mit denen ich mich über ein gutes Buch austauschen kann – gefunden, wie schön! Eines der Bücher, das wir gelesen haben, ist mein Buch des Monats Juli: „Die Unvollkommenheit der Liebe“ von Elizabeth Strout. Erschienen ist es bei btb, als Taschenbuch kostet es 10 €.
Worum geht es in diesem Roman?
Die Ich-Erzählerin Lucy Barton liegt in den Achtzigerjahren für einige Wochen im Krankenhaus. Sie ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Ihr Mann hasst Krankenhäuser, sein Vater ist in einem gestorben, als er vierzehn war. Es bleibt unklar, woran sie leidet, es scheint bedrohlich zu sein – auf jeden Fall hat sie viel Zeit. Rückblickend erzählt sie von diesem Krankenhausaufenthalt.
Lucys Mann bittet ihre Mutter um Hilfe. Sie, die seit Jahren keinen Kontakt zu Lucy hat und noch nie geflogen ist, reist nach New York. Fünf Tage und Nächte wird sie bei Lucy im Krankenhaus bleiben. Während dieser Zeit blickt Lucy zurück auf ihre Kindheit. Zurück ins ländliche Illinois, zurück in eine gefühlskalte und arme Kindheit mit seelischer Härte und Vernachlässigung. Beiläufig ist ihr Erzählton, so beiläufig, wie auch die Mutter von Bekannten erzählt, die Lucy ewig nicht gesehen hat.
Ohne Anklage wird hier eine Lebensgeschichte erzählt. Das ist die Stärke dieses Buch, in das ich Sie nun auch blicken lassen möchte (Seite 65):
Der Pick-up. Zeitweise kommt die Erinnerung mit einer Klarheit zurück, die mich selbst erstaunt. Die verschmierten Fenster, die Neigung der Windschutzscheibe, der Staub auf dem Armaturenbrett, der Geruch nach Benzin und fauligen Äpfeln und nassem Hund. Wie oft ich darin eingesperrt war, kann ich nicht sagen. Ich weiß das erste Mal nicht, ich weiß das letzte Mal nicht. Aber ich muss sehr klein gewesen sein, allerhöchstens fünf beim letzten Mal, denn ab da war ich ja den ganzen Tag in der Schule.“
Die Bildung ist es schließlich, die das Mädchen Lucy rettet.
Fazit: In „Die Unvollkommenheit der Liebe“ steht zunächst die Mutter-Tochter-Beziehung im Mittelpunkt. Doch Elizabeth Strout erzählt auch, wie es einem Menschen gelingt, den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Berührend, verständnisvoll und schonungslos offen. Äußerst lesenswert.
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