Imperativ von geben: „geb“ oder „gib“?
„Geb mir mal …“ – In der gesprochenen Sprache höre ich Aufforderungen wie diese immer wieder. Deshalb sehe ich mir heute den Imperativ an. Wie wird die Befehlsform gebildet und was gilt es zu beachten? Obacht: Es wird etwas länger, einige Fachbegriffe tauchen auf. Durchhalten lohnt sich, denn am Ende verrate ich Ihnen einen Trick, der hilft, Fehler zu vermeiden. Spoiler, korrekt ist: „Gib mir mal …“.
Die drei Modi im Deutschen
Im Deutschen kennen wir für Verben drei verschiedene Modi: Indikativ, Konjunktiv und Imperativ. Jede sogenannte Aussageweise drückt etwas anderes aus, das sehen wir uns zunächst verknappt an.
Der Indikativ steht für eine Aussage, die den Tatsachen entspricht: Dieses Buch hat viele Seiten. Die beiden Formen des Konjunktivs drücken unter anderem eine Möglichkeit oder etwas Irreales aus: Hätte sie mehr geschrieben, wäre das Buch dicker geworden.
Der Imperativ ist eine Aufforderung, auch ein Befehl: Schreib(e) endlich dieses Buch! In dieser Form richtet sich die Aussage an eine Person, die von der sprechenden Person geduzt wird. Sie heißt Imperativ Singular und darauf konzentriere ich mich in diesem Beitrag. Im Plural macht der Imperativ übrigens keine Schwierigkeiten.
So einfach wird der Imperativ Singular gebildet
Für die Bildung der Befehlsform sehen wir uns die Grundform des Verbs an, den Infinitiv. Bleiben wir bei dem Wort schreiben.
Der Imperativ wird immer mit dem Präsensstamm eines Verbs gebildet, was einfacher ist, als es klingt. Denn der Präsensstamm ist der Kern des Verbs. Dafür streicht man wie bei dem Verb schreiben das -en oder bei anderen Verben das -n: Schreib!
Mit oder ohne -e?
Oft stellt sich die Frage, ob für den Imperativ ein -e an den Präsensstamm gehängt wird oder nicht. Meist ist keines nötig, aber möglich: Schreib! Oder: Schreibe! (Ich bevorzuge wegen des Klangs hier die Form ohne -e: Schreib!)
In einigen Fällen muss man das sogenannte Endungs-e an den Stamm hängen, dazu gleich mehr. Zuvor ein Hinweis: Beim Imperativ wird kein Apostroph gesetzt. Entscheidet man sich gegen das Anhängen des -e, ist dies ohne Apostroph korrekt.
Auch diese Aufforderung ist korrekt. Wegen der Einheitlichkeit würde ich hier entweder jeweils ein -e anhängen oder es jeweils streichen: zeige und freue oder zeig und freu.
Nebenbei: Das Wort Drink ist eingedeutscht und bildet hier gemeinsam mit dem Wort Welcome einen Begriff. Deshalb werden diese beiden Wörter mit einem Bindestrich verbunden: Welcome-Drink. Wenn Sie mehr zu diesem Thema lesen möchten, empfehle ich Ihnen meinen Beitrag zu zusammengesetzten Wörtern.
In der Regel mit Endungs-e
Bei Verben, die auf -ern und -eln enden, muss das Endungs-e angehängt werden. (Umgangssprachlich kann bei Verben mit der ern-Endung das e wegfallen.) Das sind etwa die Verben erinnern oder sammeln, ärgern oder lächeln.
Sehen wir uns zunächst auch hier den jeweiligen Präsensstamm an, hier entfällt einfach jeweils das -n: erinner oder sammel sowie ärger oder lächel. Mit diesem Präsensstamm und dem angehängten Endungs-e wird nun der Imperativ Singular gebildet: erinnere oder sammele sowie ärgere oder lächele.
Ganz rund ist das noch nicht. Denn auf das e in der Mitte können wir vor allem bei den Verben, die auf -eln enden, verzichten: sammle, lächle.
Das Endungs-e steht in der Regel auch bei Verben, deren Stamm auf d oder t sowie m oder n endet: finden oder tuten sowie atmen oder lernen. Hier lautet der Imperativ Singular: finde oder tute sowie atme oder lerne.
Imperativ Singular: der E-wird-zu-i-Trick
Lassen Sie uns die Anfangsfrage dieses Beitrags aufgreifen: Lautet die Befehlsform von geben „gib“ oder „geb“? Um dies korrekt zu beantworten, blicken wir einfach auf die zweite Person Singular und wenden den E-wird-zu-i-Trick an.
Wenn sich in der zweiten Person Singular das e des Infinitivs zu einem i verschiebt, wird das auch im Imperativ so gemacht: geben, du gibst, gib. Ein weiteres Beispiel: helfen, du hilfst, hilf. Aber: gehen, du gehst, geh. Das ist eine gute Eselsbrücke, oder?*
Ich würde mich freuen, wenn Sie ab jetzt beim Imperativ nicht mehr unsicher sind. Haben Sie weitere Fragen zum Imperativ? Nutzen Sie dafür die Kommentarfunktion.
* Ich dachte lange, dass das Wort Eselsbrücke despektierlich sei. Falsch gedacht! Das Museum Wortreich in Bad Hersfeld machte mich schlauer: Weil Esel nicht durchs Wasser gehen, wurden für diese Lasten tragende Tiere (Esels-)Brücken gebaut.
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