Früher war alles besser
Wenn ihm jemand, so ein Teilnehmer einer Radiodiskussion, mit dem Satz „Früher war alles besser“ komme, so antworte er nur mit einem Wort: Zahnheilkunde. Wo er recht hat, hat er recht. Aber wie sieht es in anderen Bereichen aus, was ist beispielsweise mit den Umgangsformen im Zeitalter der E-Mails?
Mein Vater, Gott hab‘ ihn selig, erzählte zum Stichwort Manieren immer folgende Geschichte. Der Schreiner-, Maler-, Was-auch-immer-Meister in seinem brandenburgischen Dorf brauchte einen neuen Lehrling. Er guckte sich ein paar Jungen aus und lud sie in seine Werkstatt ein. Dort ließ er ein Stück Papier fallen und entschied sich für denjenigen, der es aufhob. Als Kind fand ich die Geschichte zunächst unverständlich, dann komisch, mit zunehmendem Alter doof, erzieherisch, reaktionär und schließlich doch nicht ganz schlecht.
Heute wünsche ich mir manchmal mehr von diesem Menschen, die ein Stück Papier aufheben, wenn sie es auf dem Boden liegen sehen. Oder übertragen auf das (virtuelle) Geschäftsleben: Menschen, die direkt auf eine E-Mail antworten, die eine angekündigte E-Mail auch verschicken. Menschen, die sagen: „Tut mir Leid, Ihre Zeitplanung passt nicht zu unserer“, „Das mit der Probeseite ist mir zu umständlich“, „Die Chemie stimmt nicht“ – damit kann ich leben. Weniger gut leben kann ich mit Menschen, die das Papier nicht nur übersehen, sondern sogar noch darauf treten.
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