Das Ehrenamt, die Postkarterei und der Blick zurück
Acht Jahre war ich Gruppensprecherin in Niedersachsen für den Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren. Hätten Sie mir das vor zwanzig Jahren erzählt, hätte ich sie verlegen angelächelt. Sie merken schon, dieses Mal wird’s persönlich.
Das Ehrenamt
In meinen frühen Zwanzigern war ich in der Aidshilfe aktiv. Eher im Hintergrund, wie so vieles, was ich damals tat. Ich habe mich an der Universität in der Fachschaft engagiert, habe dann ehrenamtlich pausiert und bin als Mutter etwas sichtbarer wieder eingestiegen: in den Vorstand der Kita, Elternsprecherin in der Schule. Was eine Frau mit Kindern so tut …
Beruflich war ich zurückhaltend. 2012 hat sich die niedersächsische Regionalgruppe gegründet; 2016 habe ich das Amt der zweiten Sprecherin übernommen. Zwei Jahre später hörte der erste Sprecher auf. Es lag nahe, dass ich mich als erste Sprecherin zur Wahl stelle.
Im Weg stand mir mein Dasein im Hintergrund. Warum ich es dennoch getan habe? Weil ich einen professionell-freundlichen Raum für Lektor*innen schaffen wollte. Ich wollte Wissen teilen, neue Mitglieder willkommen heißen und Menschen zusammenbringen. Und ich wollte das auf meine Weise tun – dieses Bedürfnis war größer als meine Schüchternheit.
Zum Glück habe ich mein Hintergrunddasein verlassen und bin in die erste Reihe getänzelt. Wie viel Freude hätte ich verpasst!
Die Postkarterei
Die besten Sprecherinnenkolleginnen heißen Susanne und Franziska und haben bei mir für die großartige Zusammenarbeit in all den Jahren einen Stein im Brett. Gemeinsam mit der besten Nachfolgerin Katrin haben sie mir einen wunderbaren Onlineabschied beschert und eine großartige Postkarterei organisiert. Gefühlt bekomme ich seit meinem Abschied im Februar ständig Postkarten von niedersächsischen VFLL-Mitgliedern. Das ist ebenso wunderbar wie wertschätzend und wertvoll!
Mehr noch: Als ich den Dreien erzählte, dass ich alle Postkarten beantworte, haben sie ihren jeweiligen Postkartenfundus geplündert und Nachschub geschickt. Danke! Und noch mehr: Eine Kollegin rief an, weil sie sich über meine Dankpostkarte gefreut hat. Das, liebe Lesenden, zeigt, dass Kalendersprüche leben: Die Freude, die du …
Der Blick darauf
Lange habe ich mich als introvertiert, schüchtern und als leisen Menschen bezeichnet. Heute gebe ich Trainings und Workshops und spreche vor Gruppen, wenn sie nicht gar so groß sind. Ich gestehe, dass mich ein kleines Herzklopfen immer mal wieder dabei begleitet.
Was ich dennoch sagen möchte: Trau dich. Wenn ich heute auf die scheue Jugendliche und junge Frau, die ich war, zurückschaue, möchte ich sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass wir sehr viel weniger verlieren können, als wir glauben, dafür sehr viel mehr gewinnen können, als wir uns vorstellen und oft vieles doch gut wird.
Liebe Andrea,
ich kann mir nur schwer vorstellen, dass du mal schüchtern warst. Erlebt habe ich dich immer als lebendig, herzlich, präsent, nahbar, mit einem offenen Ohr. Und nicht nur in der Art, wie du dein RG-Sprecheramt ausgefüllt hast, sondern auch als Mensch bist du für mich eine Inspiration und ein Vorbild.
Liebe Grüße
Katrin
Fettes Herz gesendet mit einem Tränchen im Auge.
Danke, liebe Katrin!
Liebe Andrea,
du weißt schon, dass ich damals wegen dir (und Franziska) Delegierte geworden bin, oder? Dieses Amt hat mich so viel gelehrt, öffnet Türen, schenkt Einsichten und macht einfach (meistens) Spaß! Die Freude, die du anderen schenkst, kommt also nicht nur tausendfach zu dir zurück, sondern wird weitergereicht wie ein Staffelstab.
In diesem Sinne: danke für alles
Susanne
Liebe Susanne,
ja, ich weiß das und bin sehr froh und dankbar, dass Franziska und ich dich „damals“ überzeugen konnten!
Liebe Andrea,
wie schön, von Deiner „Verwandlung“ zu lesen! Auch ich halte mich eigentlich lieber im Hintergrund auf, habe aber inzwischen gelernt, dass es sich wirklich absolut lohnt, diese Komfortzone mal zu verlassen – zumindest ab und zu … und dank Deines Beitrags vielleicht auch mal öfter ;-)
Herzlich Birgit
:-)